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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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FREAKS (Tod Browning/USA 1932)



"Gooble-gobble, gooble-gobble!"

Freaks ~ USA 1932
Directed By: Tod Browning


Der zwergenwüchsige Artist Hans (Harry Earles) aus dem Sideshow-Zirkus der Madame Tetrallini (Rose Dione) verliebt sich zur großen Enttäuschung seiner Verlobten Frieda (Daisy Earles) in die normalgroße Seilakrobatin Cleopatra (Olga Baclanova). Diese, eine zutiefst gierige und boshafte Person, macht sich einen Spaß daraus, die wertvollen Geschenke des vor Liebe blinden Hans anzunehmen und sich dabei vor der ganzen Zirkusgesellschaft über ihn lustig zu machen. Als Cleopatra erfährt, dass Hans eine großzügige Erbschaft im Rücken hat, geht sie sogar soweit, ihn mit Mordplänen im Hinterkopf zu heiraten. Doch sowohl Hans als auch die anderen körperlich deformierten Zirkusmitglieder kommen Cleopatra dahinter und rächen sich grausam an ihr und dem Kraftmenschen Hercules (Henry Victor), ihrem "partner in crime".

Mit dem erklärten Ziel, die gruseligen Horror-Talkies der Konkurrenz von Universal an schockierendem Effekt noch zu überbieten, verlangte MGM-Executive Irving Thalberg nach entsprechend rüdem Stoff. Die MGM entwickelte sich schließlich, mit Ausnahme vielleicht noch von der RKO, zum einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten auf dem Gebiet des Horrorfilms dieser nicht nur für jenes Genre goldenen Jahre. Zwar hatte jedes Studio seine zwei, drei Vorzeigeprojekte, doch nur die genannten drei vermochten es, praktisch Klassiker in Serie hervorzubringen. Nachdem die Universal unter Carl Laemmle bereits "Dracula", Frankenstein" und "The Mummy" von der Leine gelassen hatte, zog MGM nach: Man entlieh "Dracula"-Regisseur Tod Browning bei der Konkurrenz, engagierte echte Sideshow-Mitarbeiter mit wirklichen physischen Abnormitäten und schuf einen Horrorfilm, der eigentlich gar keiner ist. Vielmehr erzählt "Freaks" ein soapiges Romantikdrama mit kriminalistischem Ausgang, das so ähnlich auch als späterer Noir-Stoff funktioniert hätte. Das von dem Film womöglich evozierte Grauen entstammt bekanntlich der Selbstprojektion des Publikums, das erstmal schlucken muss, dass die physisch normalgewachsenen die innerlich Verabscheuungswürdigen sind und die Deformierten und Behinderten die wahrhaft edlen Charaktere mit strengem Gemeinschafts- und Ehrenkodex. Um es den Leuten nicht ganz so schwer zu machen, bekamen sie die voll bei den Freaks inegrierten "Normalos" Phroso (Wallace Ford) und Venus (Leila Hyams) als Identifikationsfiguren mit auf den Weg.
Es lässt sich bis heute trefflich darüber streiten, ob der Film die Behinderungen seiner Akteure selbstzweckhaft ausbeutet oder ein humanistisches Pamphlet ist; Argumente gibt es hinreichend für beide Positionen. Als Film von allerhöchster atmosphärischer Qualität indes darf "Freaks" als unumstritten gelten. Dabei verachtete ihn das zeitgenössische Publikum als geschmacklos und unansehnlich: Das Werk wurde um ein Drittel gekürzt, für seinen Regisseur entwickelte es sich zu einer Sollbruchstelle des Karriere-Abstiegs und es war ein jahrzehntelanger Giftschrankkandidat bis zu seiner Wiederentdeckung durch die Gegenkultur der Sechziger. Eine entsprechend schöne Hommage bietet beispielsweise Bertoluccis "The Dreamers".

10/10

Behinderung Zirkus amour fou Tod Browning



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Funxton

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