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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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BEDLAM (Mark Robson/USA 1946)



"This is the age of reason, mylord!"

Bedlam ~ USA 1946
Directed By: Mark Robson

London, 1761: Das, was sich in der künftigen Historie dereinst "Zeitalter der Aufklärung" schimpfen mag, ist zum damaligen Zeitpunkt in der englischen Metropole noch nicht recht ausgeprägt. Die kregle Nell Bowen (Anna Lee) lebt als Mündel bei dem dekadenten Tory Lord Mortimer (Billy House), der nichts mehr liebt, als extravagante Späße. Als Nell gewahr wird, welch unmenschliche Zustände in dem von dem kriecherischen George Sims (Boris Karloff) geleiteten Irrenhaus "St. Mary Of Bethlem", im Volksmund "Bedlam" genannt, vorherrschen, setzt sie alles daran, diesen Abhilfe zu leisten. Ihr Vorschlag an Mortimer jedoch, einen Teil seines Vermögens zur Reformierung von Bedlam beizusteuern, stößt auf wenig Gegenliebe, zumal Sims, dem am Erhalt des status quo gelegen ist, insistiert. Als sich Nell in ihrer Verzweiflung an den Whig Wilkes (Leyland Hodgson) wendet, scheint alles eine vielversprechende Wende zu nehmen, doch da lässt Sims sie öffentlich für geisteskrank erklären...

Ein vorrangig mit traditionsbewusster Poe-Poesie liebäugelndes, schwarzhumoriges Königsdrama, das einen letzten großen Höhepunkt für Val Lewtons RKO-Umtriebe markiert. "Bedlam" entpuppt sich im Verlauf seiner Erzählung, die mit hochsophistischem Elan soziale Missstände einkreist und der hollywoodtypischen, romantischen Verklärung der Alten Welt einen feist grinsenden Riegel vorschiebt, als existenzialistisches Manifest. Der Film gibt sich im Gedenken an "Masque Of The Red Death" sogar betont links und klassenkämpferisch; die Herrschenden sind wahlweise fette, reiche Mastschweine, die ihr Vergnügen selbst über Menschenleben stellen oder sadistische Opportunisten, die nach oben buckeln und nach unten treten. Gelegenheit für den o-beinigen Boris Karloff zu einer seiner denkwürdigsten Leistungen: Als "Master" George Sims, der seinen "Patienten" noch weitaus größere Pein bereitet haben muss, als der Film offenkundig auszusprechen im Stande ist [das Maurerkellen-Attentat auf ihn durch die vermeintlich katatonische Dorothea (Joan Newton) spricht Bände] und der seinen diabolisch veranlagten Posten um keinen Preis hergeben oder auch bloß beurteilt wissen will, bietet Karloff etliche Bühnen für nuancierteste Darstellungen des Bösen. Dass das in der Werbung des Films so sensationsträchtige "Irrenhaus" mitsamt seinen "loonies" am Ende als Ausgangspunkt für humanistische Reformen dasteht, mag man als ausgestreckten Mittelfinger in Richtung Publikum wahrnehmen. Mir jedenfalls gefällt dieser Gedanke ausgesprochen gut.

9/10

Mark Robson Val Lewton London Psychiatrie period piece Madness



Filmtagebuch von...

Funxton

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