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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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BIRDMAN OR: (THE UNEXPECTED VIRTUE OF IGNORANCE) (Alejandro González Iñárritu/USA 2014)



"Popularity is the slutty little cousin of prestige."

Birdman: Or (The Unexpected Virtue Of Ignorance) [Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)]~ USA 2014
Directed By: Alejandro González Iñárritu

Während er in den Neunzigern mit der Rolle des Superhelden "Birdman" noch als einer der größten Hollywoodstars seiner Zeit reüssieren konnte, ist von Riggan Thomsons (Michael Keaton) damaligem Ruhm heuer nicht mehr allzu viel übrig. Eine zerbrochene Ehe liegt hinter ihm und eine verlotterte Tochter (Emma Stone), die bereits Fachfrau in Sachen Drogenmissbrauch ist. Um sich im Alter kreativ zu verwirklichen, inszeniert Thomson am Broadway das Carver-Stück "What We Talk About When We Talk About Love" mit sich selbst in einer der Hauptrollen. Sein früheres, fiktives alter ego des Birdman sitzt ihm jedoch permanent im Nacken und versucht unter dessen vehementem Widerstand, Thomson zu einem neuerlichen Film-Frühling anzustiften. Nachdem dieser den anderen Hauptdarsteller (Jeremy Shamos) wegen seines offenkundigen Unvermögen geschickt aus dessen Engagement gekickt hat, engagiert Thomson in letzter Sekunde den exzentrischen Mike Shiner (Edward Norton) für den Part. Bereits die ersten Vorpremieren geraten wegen der Unvereinbarkeiten zwischen Thomson und Shiner zu einem mittelmäßigen Disaster; die letzte wird ein triumphaler Erfolg - doch um einen hohen Preis.

Iñárritus vorletzten Film "Biutiful" habe ich mir bis dato verkniffen, seine "Todestrilogie" hat mir indes sehr bis recht gut gefallen, wenngleich die allermeisten der mir bedeutsamen Zeitgenossen sie als fürchterlich dröge und pathetisch aburteilen. Manchmal muss man auch seinen eigenen Kopf behalten dürfen.
"Birdman" (ich erlaube mir, die Kurzform zu benutzen), steht diesen quergeschriebenen Filmen nun teilweise entgegen. Es scheint mir, als haben Iñárritu und seine Autoren instensivst Bob Fosses "All That Jazz" studiert. Auch hierin geht es um einen alternden Broadway-Aktiven am Scheideweg, dessen seelischer Spannungszustand angesichts von Übernächtigung, Überarbeitung und ungesundem Lebenswandel Purzelbäume schlägt, bis realis und irrealis sich für ihn untrennbar vermengen. Zugleich sind die Einflüsse Fosses gerade die Stärkungsmittel des Films: Keaton müht sich erfolgreich, eine Roy Scheiders damaliger Darbietung zumindest annähernd ebenbürtige Show zu liefern; Iñárritus Inszenierung kann man nur als waghalsig bezeichnen. Es gibt bekanntermaßen keinen sichtbaren Schnitt und trotz der zeitlichen Ausdehnung der Geschichte auf mehrere Tage ausschließlich den Gebrauch von Kniffen wie dem Zeitraffer, die kurze Atempausen ermöglichen. Die Wahl dieser formalen Extravaganz erlebt man im Angesicht der zerfasernden Persönlichkeit Riggan Thomsons zumindest als nicht durchweg willkürlich; um die innere Spannung dieses Mannes nachzuvollziehen, ist jene szenische Verdichtung ein probates Mittel der Veranschaulichung.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass man "Birdman" mit einer solitären Betrachtung nicht Herr werden bzw. keine endgültige qualitative Kategorisierung gewährleisten kann. Zum jetzigen Zeitpunkt vermag ich lediglich zu konstatieren, dass Iñárritu einen interessanten, komplexen Film geschaffen hat. Ob ich ihn allerdings wirklich mag, wird mir erst die Zukunft weisen.

8/10

Alejandro González Iñárritu Best Picture Broadway New York Persönlichkeitsstörung Theater Hollywood Vater & Tochter Ensemblefim Raymond Carver Satire



Fein ! Die Verbindung zu ALL THAT JAZZ lese ich zum ersten Mal. Top, dann werd ich mir den Inarritu als Triple mit dem Fosse und Biutiful anschauen, der auch bei mir immer noch ungesehen rumsteht.
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Funxton

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