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Marvellous-looking beggars

Javiers Filmtagebuch




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"Doc, I'll buy you a drink." - "Just one."



THE MISSOURI BREAKS
|Arthur Penn|USA 1976|
»Granny's tired now.«

Schmissig, verschroben und wenn er will, auch brutal und zärtlich. Nicholson tut für Brando das, was er danach kaum jemals wieder für irgendwen gemacht hat: Er tritt bescheiden in den Hintergrund und überlässt den Wahnwitz dem anderen. So darf Brando im Dunkeln ein Lied für sein Pferd singen, mit dem Rücken zu ihm, weil die Gefühlswallungen ihm sonst peinlich wären, und Nicholson darf sich eine überraschend zärtliche, unterspielte Liebesgeschichte leisten.
Richtig gut.

One-Eyed Jacks liegt schon bereit.


LA RESA DIE CONTI
[Der Gehetzte der Sierra Madre|The Big Gundown]
|Sergio Sollima|I 1966|
»You must’ve come out of your mother running.«

Der dritte Akt ist jawohl mal ein Hammer! Die Ruhe vor dem Sturm, der deutsche Leibwächter, Meisterschütze, Tüftler und Protonazi Baron von Schulenberg spielt Beethovens „Für Elise“, und als dann Sollima und Morricone zur Menschenjagd blasen, wühlt diese Begeisterung mir durch die Eingeweide und stockt mir der Atem. Milian, wie er durch das Feld und in die Almeria hetzt, die Totalen mit Jägern und Gejagtem darin. Über allem: Morricone! »No. The blade.« Das Duell Messer gegen Revolver. »Alright, Baron. He’s your’s.« Das Duell „Für Elise“ gegen Latin-Gitarre, und van Cleef wie er sich stumm in Position bringt, doing the right thing. Cuchillo, der Corbett das Gewehr in die Arme lupft, fast wie bei Hawks und Carpenter. Und als die beiden sich trennen, gehört Cuchillo das letzte Wort, aber Corbett das letzte Bild. Der Song („Run, Man, Run“ von Cristy) nimmt Cuchillos letztes Wort auf: »Never!« Ende. Applaus.


3:10 TO YUMA
[Zähl bis drei und bete]
|Delmer Daves|USA 1957|
»The boys'll always remember how their old man walked Ben Wade to the station.«

Der Farmer Dan Evans (Van Heflin) hat eine Menge guter Gründe, dafür zu sorgen, dass der Outlaw Ben Wade (Glenn Ford) um 10 nach 3 im Zug von Contention nach Yuma sitzt.

Das Casablanca des B-Westerns, vielleicht. Ein kleines Ding ohne viel Aufhebens am Fließband produziert und plötzlich passt alles, entwickelt seine eigene Poesie. Plötzlich ist sogar der Kitsch wunderschön. Ich hab Tränen in den Augen, wenn beide Männer das richtige tun, weil es das richtige ist. Ich freu mich, wenn es über Bisbee regnet. Auch wenn das eigentlich zu viel ist.
Das ist ein persönlicher Liebling.


THE FASTEST GUN ALIVE
[Die erste Kugel trifft]
|Russell Rouse|USA 1956|
»Du hast mir beschrieben, wie sie untergegangen ist.«

Der hochgeschätzte Glenn Ford als Scharfschütze, der nicht mehr schießen will. Die hasserfüllte, schicksalsergebene Chemie zwischen Crawford und seinem henchman, das finale Duell mit dem kurzen Gespräch und den abrupten Schüssen. Routinierter B-Western mit ein paar schönen Details.


THE SHEEPMAN
[Stranger with a Gun|In Colorado ist der Teufel los|Colorado-City]
|George Marshall|USA 1958|
»Chockdaw didn’t get him, he got Chockdaw!«

Ein gewitzter, eloquenter Glenn Ford macht zu Beginn Anstalten, den ganzen Western durch seine Genrekenntnisse obsolet zu machen, fügt sich dann aber doch in einen schönen Showdown mit dem taktierenden Leslie Nielsen, der damals noch hervorragend zum großen, dünnen Schurken taugte.

Jubal und The Americano liegen schon bereit.



SARTANA… VENDI LA PISTOLA E COMPRATI LA BARA
[Django und Sabata – Wie blutige Geier|Django – Die Gier nach Gold]
|Giuliano Carnimeo|I 1970|
»Rauch doch erstmal deine Zigarre zu Ende.«

Speckig glänzende Italiener reden über den Tod. Italowestern waren in den 60ern und 70ern das was in den 90ern dieses Tarantino-Epigonenkino war. Sehr ermüdend, wenn man nicht in der Stimmung ist.


SILVERADO
|Lawrence Kasdan|USA 1985|
"Wer als Letzter in den Mitternachtsstern kommt, gibt einen aus."

Best-of-Western-Homage. Die hatten anscheinend Bock, mal genau dasselbe zu machen wie die in den Western früher. Wohl auch ein Versuch, ebendiesem das spaßige, übermütige, unschuldige Abenteuer dieser Zeit zurückzugeben und ihn zugleich als großen, hübschen, optimierten Hollywood-Blockbuster neu zu starten, nachdem diese Irren ihn in den 70ern zu Grabe getragen haben.
Denkt gar nicht daran, dass man irgendwas zu irgendwas sagen müsste. Dabei aber höchst anschaubar. Auch mal Kevin Kline, John Cleese, Scott Glenn und Jeff Goldblum als Westerner. Vor allem Kline gelingen ein paar feine Szenen, nicht wenige davon im Zusammenspiel mit Linda Hunt.

Am bedauerlichsten bei der ganzen Sache fand ich noch, dass sie die Wette (siehe Zitat) nach dem Showdown nicht mehr thematisieren, da wäre doch noch ein hübsches kleines "Hallo" ganz nach dem sonstigen Geschmack des Films drin gewesen. Gerade, wenn man bedenkt, dass Kasdan auch sonst nicht gerade brutal gekürzt zu haben scheint und eher sein Liebhaberherz hat entscheiden lassen.


WILD BILL
|Walter Hill|USA 1995|
»Could you just jump over the bullshit?«

Die letzten Tage des lebensmüden, aber nicht ganz kampflos aufgebenden Bill Hickok (Jeff Bridges). Wer mit der Waffe lebt, wird durch die Waffe sterben.

Eine interessante, eher im Handstreich als mit epischem Atem erzählte Vorstudie zu Jesse James' Ermordung durch einen Herrn namens Robert Ford (der ein Feigling gewesen ist), wie gefilmt von Andrew Dominik. Das ist mir beim letzten Mal nicht aufgegangen, da habe ich diesem Film noch Unrecht getan. Gefällt mir.


THE LONG RIDERS
|Walter Hill|USA 1980|
»What does the winner get?«
»Nothin' both of you ain't already had.«


Hills Film trägt die Gewissheit des historisch nunmal verbürgten bösen Endes für seine Protagonisten von Anfang an in sich. Wie in Wild Bill bringen sich die Figuren mit einiger Lakonie in die Position, die ihnen die Historie diktiert. Als wüssten sie es. Auch wenn sie schon noch aufbegehren und so. Aber eher weil man das so macht. Nicht weil sie glaubten dass das auf lange Sicht was ändert. Eine ähnliche resignatives Bewusstsein für den Platz in der amerikanischen Geschichte wie Walter Brennans Ike Clanton in John Fords My Darling Clementine.

Stuntleiter Craig Baxley kommt mal wieder dezidiert nicht in Frieden und bietet Walter Hill was für sein Geld, vor allem im finalen Hinterhalt, in dem das ganze Dorf auf die James-Younger-Gang vorbereitet ist. Wie Keith Carradine vom Pferd pirouettiert und wie sie alle am Ende durch die Fenster reiten, das sind starke Stunts und Bilder.

Stacy Keach, David und Keith Carradine haben eine sehr gute, entspannte, natürliche Präsenz, machen aus den Schlaglichtern die Hill auf die Figuren wirft, eine Menge, und auch Randy Quaid (dessen Bruder Dennis nur kurz reinschaut) nutzt seine Momente. Und Pamela Reed. David Carradine, vielleicht der auffälligste von allen, darf vor allem (aber nicht nur!) in den Szenen mit der sehr guten Reed glänzen. Inklusive einer grimmig ritualisierten Südstaatenmesserstecherei mit James Remar als ihrem Ehemann, in dem sie beide zwei Enden desselben Seiles zwischen den Zähnen halten.

Apropos Hills Schlaglichter: ein paar davon reserviert er für Musik (Soundtrack wie in Last Man Standing von Ry Cooder), was mir immer gefällt. Der Priester der auf der Beerdigung von einem Ort singt »where there’s no more stormy clouds arisin’«; Keith Carradine, der im Zug in Roberts Gezupfe einsteigt.


3:10 TO YUMA
|James Mangold|USA 2007|
»Hope I can send your husband back all right.«

»That looks like rain clouds over Bisbee. Still need that 200 Dollars, Dan?«
»Shut up.«

»And you just remember that your old man walked Ben wade to that station when nobody else would.«

Dan Evans wird immer gute Gründe haben, um Ben Wade in diesen Zug zu bringen.

Das Original gefällt mir in seiner spröden Universalität besser, aber auch der hier hat gute Darsteller (Crowe, Bale, Foster, Fonda) und eben diese saustarke Geschichte, die zwischen den beiden Polen Wade und Evans abläuft. Auch wenn die Action für sich genommen immer gut inszeniert ist, lenkt sie doch ein bisschen ab.


THE BALLAD OF CABLE HOGUE
[Abgerechnet wird zum Schluss]
|Sam Peckinpah|USA 1971|
»Lady, nobody's ever seen you before.«

Cable Hogue sucht eigentlich nur seine Rache, findet aber eine unwahrscheinliche Freundschaft, einen unwahrscheinlichen Wohlstand und eine unwahrscheinliche Liebe.

Peckinpah hat mal wieder sein Herz offengelegt, noch mehr als sonst, und jetzt kann man drauf schießen. Eine wunderschöne Ballade, ruppig und zärtlich, mit einem wieder einmal grandiosen, wieder einmal sterbenden Jason Robards.


RED HILL
|Patrick Hughes|AUS 2010|
»He's an innocent man, Shane.«

Bad day at Red Hill. Deputy Shane Cooper (Ryan Kwanten, der Rollenname ist kein Zufall) tritt gerade an dem Tag seinen Dienst in dem australischen Kaff an, als der berüchtigte Aborigine "Jimmy" Conway (Tom Lewis) aus dem Knast ausbricht und nach Red Hill zurück kommt. Er hat noch Rechnungen offen. Mit dem Sheriff (Steve "Goose" Bisley) und all seinen Deputys.

Ein Gegenwartswestern, der sich Spannungs- und Bedrohungsmomente von High Noon und Halloween leiht und damit achtbar fährt. Handwerklich sauber und mit einfacher, dem Sentiment vertrauender Moral, wie es sich für einen beflissenen Debütanten wie Hughes gehört.
In den Bergen um Red Hill, so erzählt man sich, geht ein Panther um. Und wie der in dieser Geschichte auftaucht und wieder verschwindet, mystisch und ehrfürchtig, weniger beiläufig als der Wolf in Collateral, aber ebenso den Film zum Stillstand bringend, das ist allein schon ein Grund, Red Hill zu mögen.
Ein zweiter ist, wie delikat Kwanten und Claire van der Boom die Szene spielen, in der Cooper mitten in der Nacht seine Waffe von zuhause holt und ihr nicht sagen will, was vor sich geht.


MANNAJA
|Sergio Martino|I 1977|
"You deserve a nasty ending,
Something's gonna happen very soon."

Ziemlich brauchbarer Italowestern mit brummigem Folksoundtrack, einem blonden Helden (Maurizio Merli) mit blendend weißem Gebiss, Bud Spencer-Synchro und Tomahawk, und einem starken Finale.


THE PROPOSITION
|John Hillcoat|AUS 2005|
»Good Lord, no. We're a family.«

Alle Figuren scheinen von der gleißenden Leere der Landschaft erdrückt zu werden. Sie sind alle Kinder des Landes, ob sie nun hier geboren sind oder nicht, und hassen es dafür. Der Einfluss des Landes ist auf ihren Gesichtern, in ihren Bewegungen, ihren Worten, ihren Gedanken. Sie scheinen alle von der brütenden, hellen Unbarmherzigkeit zermürbt, auf ihre Weise, manche wie Verletzte, die ihr gesamtes Verhalten um ihre Verletzung herum organisieren, damit sie nicht schmerzt, andere, die wie fasziniert in der eigenen Wunde wühlen und sich vielleicht fragen, wie das Teil ihres Körpers sein kann, oder es womöglich in ihrer Abgestumpftheit gar nicht mehr bemerken und es nur aus Langeweile, als rein motorische Beschäftigung weiterhin tun. Es liegt eine bestialische, ungezähmte Unvermeidlichkeit über dem ganzen Film, und das Land ist das Sinnbild dafür. Jeder Zentimeter der Kultivierung muss ihm gewaltsam entrissen werden, mit einem Aufwand, der an sich schon viel zu hoch ist, und wenn es dann einmal geschafft ist, wartet das Land direkt vor dem weißen Gartenzaun darauf, es sich bei dem ersten Anzeichen von Schwäche oder Unachtsamkeit der Wächter wieder einzuverleiben.

Seit Erscheinen mindestens einmal pro Jahr gesehen. Jedes Mal für großartig befunden.


SERAPHIM FALLS
|David van Ancken|USA 2006|
»Son, nobody can protect nobody in this world.«

Liam Neeson jagt mit einer schrumpfenden Anzahl Kopfgeldjägern Pierce Brosnan durch Schnee und Wüste in diesem ramboesken Western.
Brosnan ist klasse in seiner permanenten Müdigkeit, immer nur einen kleinen Schubs davon entfernt, zu resignieren, ohne es je zu tun. Stattdessen hebelt er sich mit seinem Messer eine Kugel aus der Schulter und brennt die Wunde zu, er lässt das Messer mit spitzen Fingern auf einen Mann einige Meter unter ihm fallen und weidet ihn dann aus, um seine Hände zu wärmen und den anderen Verfolgern was zum Nachdenken zu geben, und er springt aus einem ebenfalls ausgeweideten Pferd, um sie zu überraschen.
Das metaphysische Ende, bei dem die beiden einem Indianer und Anjelica Huston alles geben, um den anderen umzubringen, stört beim ersten Sehen, geht aber retrospektiv voll in Ordnung. Starker Film.

LONE STAR
|John Sayles|USA 1997|
»Forget the Alamo.«

Ein Film, der einen ein bisschen wehmütig zurücklässt, weil man gerne noch länger an diesem Ort geblieben wäre. Einfach, um noch ein paar Geschichten zu hören, die Luft noch etwas zu riechen.


THREE GODFATHERS
[Spuren im Sand]
|John Ford|USA 1948|
»Los! Marschier weiter, du Landstreicher!«

»Robert. William. Pedro.«

Dass ich John Wayne meine Mutter, Großmutter, Nichte und Neffen anvertrauen würde, wusste ich ja schon vorher.


NO NAME ON THE BULLET
[Auf der Kugel stand kein Name]
|Jack Arnold|USA 1959|
»Don’t you know? Same thing he wants anywhere.«

»We can add two and two together.«
»Congratulations, banker. No deal.«

»There are many of you! Yes, you could kill me. If you're willing enough. But it's only fair to tell you that I'll kill you, Stricker. And you, Dutch Henry. The physician. His father. And there might even be time for you, storekeeper.«

Ein Killer kommt nach Lordsburg, und alle fragen sie sich, wegen wem von ihnen er gekommen ist. Er sagt es nicht. Nimmt sich ein Zimmer und wartet. Die Angst greift um sich. Der Killer wartet. Präventivschläge werden erwogen, Selbstmorde werden begangen, vermeintliche Ziele schalten vermeintliche Auftraggeber aus. Einzig der Doktor von Lordsburg bemüht sich um Schlichtung und Empathie.

Als am Ende Gant den angriffsbereiten Doc mit einem Pistolenschuss von präziser Beiläufigkeit entwaffnet, zeigt Arnold beide Personen in derselben Einstellung, zeigt also den Schuss und dessen Wirkung gleichzeitig und setzt damit ein Ausrufezeichen, wie man es heute kaum noch kann.
Die berüchtigte Taktik des Killers ist es, den anderen zu provozieren, ihn zuerst ziehen zu lassen, vor Zeugen, und ihn dann in Notwehr zu erschießen. Kinski in Leichen pflastern seinen Weg. Neben der psychologischen Härte, der Sympathie für den Schwarzhut, dem Blick auf Massenparanoia und zusammenbrechende Bürgerfassaden, der prägnanten Machart mit dem ungewöhnlich pointierten Ende deutet das bereits auf die Dekonstruktion und Genreerschütterungen hin, die folgen sollten. Die Western in den Fünfzigern waren so harmlos nicht.

Audie Murphy, Hollywoods höchstdekorierter Kriegsheld und selbst hier, 14 Jahre später, noch ein babyface, in seiner dem Vernehmen nach stärksten Rolle als beherrschter, kalkulierender und von einfachen Menschen weitestgehend distanzierter Killer John Gant. Es ist ebenso sehr sein Verdienst wie der von Regisseur und B-Phantastik-Spezialist Arnold und Drehbuchautor Gene Coon (’64er The Killers) dass dieser kleine, harte, nur knapp über 70minütige B-Western so hervorragend funktioniert.


STAGECOACH
[Ringo|Höllenfahrt nach Santa Fé]
|John Ford|USA 1939|
»Well, there are some things a man just can't run away from.«

»You may need me and this Winchester, Curly. Saw a ranch house burnin' last night.«

»The line went dead, sir.«
»What have you got here?«
»Only the first word, sir.«
»Geronimo.«


In der Postkutsche von Tonto nach Lordsburg treffen neun Archetypen der Gesellschaft aufeinander. Das wäre sogar dann interessant, wenn es nicht durch das Gebiet von Apachen auf dem Kriegspfad ginge. Tut es aber glücklicherweise.

Der erste Film den der Regisseur in Monument Valley drehte. John Ford zieht in sein Wohnzimmer ein.
Der Film, mit dem Orson Welles für Citizen Kane Filmgrammatik paukte.
Und ich hab ihn bisher noch nie gesehen.

John Wayne wurde von seinem Vorbild Ford beim Dreh ordentlich gepiesackt und im Gegenzug zum Star gemacht. Waynes Einstieg in diesen Film ist einer der ganz großen; Carrol Reed für Orson Welles, Sergio Leone für Henry Fonda. In Tonto wird noch über diesen Ringo geredet, ausgebrochen ist er aus dem Knast, weil er mit den drei Plummer-Brüdern noch ’ne Rechnung offen hat, und plötzlich steht er vor der Kutsche. Am Rande des Apachengebietes. Der Sheriff auf dem Kutschbock hat das Gewehr im Anschlag, die Passagiere starren raus. Da steht er. Den Sattel des Pferdes das er erschießen musste in der einen Hand. In der anderen dreht sich die Winchester. Ein Kreis, ein fester Griff absoluter Autorität. Einen Sekundenbruchteil wird die Einstellung unscharf (ein unsterblich gewordener, wunderschöner Fehler), ehe Ford die Kamera in die Nahaufnahme gehen lässt. BANG! Irgendjemand irgendeinen Zweifel, dass der Mann ein Star ist? Dachte ich mir.
Wenn er mit der Winchester im Anschlag auf dem Kutschendach liegt und Indianer abknallt, ist man einfach verdammt froh dass er da ist. (Indianer~Gang in Assault on Precinct 13)
Wayne reagiert auch wieder wundervoll auf die Anwesenheit eines Babys. Als Claire Trevor mit dem Baby der anderen Frau auf dem Arm den Raum betritt, stellt er sich gerade hin, tritt zögerlich näher, klemmt verlegen die Daumen hinter die Hosenträger. Und dann folgt er Claire Trevor durch den schmalen Flur von der Kamera weg nach draußen, dieser große Mann mit diesem gemächlichen, heldenhaften, erfundenen Schlendern, um der aus der Stadt gejagten Hure die er kaum einen Tag kennt, einen Heiratsantrag zu machen.
“Admittedly, Wayne was helped by John Ford's iconic direction, but the choices in Wayne's acting were designed to be iconographic. Wayne knew he would be projected to thirty feet tall and adjusted his performance.” (jemand namens John, in einem für John-Wayne-Studien/Anekdoten ohnehin unerlässlichen Eintrag in Roger Eberts Blog)

Ford ist in ehrfurchtgebietender Form. Die pure Klarheit, man könnte permanent heulen vor Ergriffenheit. Werde ich noch verdammt oft sehen.

“Ford’s technique is to erect a Wild West of the imagination, governed only by the laws of storytelling, and then go into it as an explorer, insisting on its reality by recording convincing details (like the stray colt running behind the stagecoach when it first appears)—an ethnographer of an unreal world. (…)Ford had given the pulp pleasures of the western the weight of legend (…).” (David Cairns)

Die Staubwolke, die die Kavallerie und die Indianer verschluckt, während die Kutsche zwischen Wolke und Kamera erschöpft von dem Sprint anhält. Geschafft. Wie viel Energie in den rasenden Pferden steckt, in dieser Totalen mit Kavallerie, Kutsche und Indianern! Klischee? Blödsinn. Es ist, als würden diese Dinge vor meinen Augen geboren.
Yakima Canutt, der Waynes Lehrzeit durch die B-Filme damals schon lange als dessen Stuntdouble begleitet hat, macht hier für Wayne und für einen der Indianer, unfassbare Sachen zwischen den galoppierenden Zugpferden der Kutsche: “All in all, it is a gag that you could easily rub yourself out with if you make the wrong move”. Vic Armstrong, selbst Stuntveteran und Regisseur der Lundgrenade Joshua Tree, nennt Canutt in den Extras der Criterion Collection „the father of all stuntmen“.

Auch beim Shootout auf der Straße von Lordsburg zieht Ford sich aus der Action zurück. Da finden sie sich in den nächtlichen Straßen, drei gegen eins, Wayne wirft sich auf den Boden, gibt den ersten Schuss ab. Schnitt. Man ist bei den anderen, hört mit ihnen noch einen Schuss von Waynes Winchester, dann einen anderen Schuss, aus einer Pistole, und dann einen dritten aus der Winchester. Drei Kugeln, die eiserne Reserve, die er in seinem Hut versteckt hatte. Das Actionhighlight war die Verfolgungsjagd. Toppen wird er die in diesem Film nicht mehr, also versucht er es gar nicht erst. Ein Film voller richtiger Entscheidungen.

"Other people, so I have read, treasure memorable moments in their lives: the time one climbed the Parthenon at sunrise, the summer night one met a lonely girl in Central Park and achieved with her a sweet and natural relationship, as they say in books. I too once met a girl in Central Park, but it is not much to remember. What I remember is the time John Wayne killed three men with a carbine as he was falling to the dusty street in Stagecoach, and the time the kitten found Orson Welles in the doorway in The Third Man.” (Walker Percy - The Moviegoer, 1961)

Claire Trevor war neun Jahre später die heruntergekommene Sängerin in John Hustons Key Largo und hat auch hier schon mehr weltmüde Zähigkeit als die allermeisten Damen ihrer Zeit. Wie sie am Ende neben Wayne hergeht und so viel gefasster ist als andere Frauen das wären.
Tim Holt (My Darling Clementine, Hustons Treasure of the Sierra Madre) hat eine kleine Rolle als Kavalleriemann, und Woody Strode himself muss hier noch den Laufburschen für die Plummers-Massas spielen.
Lohnendere Nebenrollen haben da John Carradine (der Vater von Keith und David) als etwas windiger Gentleman und Thomas Mitchell (der hierfür den Oscar als bester Nebendarsteller gewann, weil er die Balance zwischen komisch und ernst trifft, die Nebendarsteller bis heute in unzähligen Filmen anstrebten).


TEXAS - DOC SNYDER HÄLT DIE WELT IN ATEM
|Ralph Huettner & Helge Schneider|D 1993|
»Eine bestimmte Person will seinen Bruder aus dem Gefängnis befreien.«

Der Western war erst 1993 in Elspe, Lennestadt zu Ende demontiert.




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