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Herr Settembrini schaltet das Licht an

Oberlehrerhafte Ergüsse eines selbsternannten Filmpädagogen




Foto

Fontane Effi Briest



Rainer Werner Fasbinder gehört zwar nicht unbedingt zu meinen Lieblingsregisseuren, sicherlich aber zu den bedeutendsten deutschen Regisseuren, und wenn eine solche Größe sich dann noch eines Meisterwerks des von mir hoch geschätzten Theodor Fontane annimmt, dann ist das natürlich ein Film, den ich sehen mußte; dies um so mehr, weil ich bisher nur eine Verfilmung von Effi Briest zu sehen bekommen habe, ein 50er-Jahre-Filmchen mit Ruth Leuwerik, das sogar noch kitschiger ist als es der Titel Rosen im Herbst schon befürchten läßt und Fontane überhaupt nicht gerecht wird - da hoffte ich natürlich, daß Fassbinder es deutlich besser gemacht hat.
Und ich hoffte nicht vergebens.Fontane Effi Briest oder Viele, die eine Ahnung haben von ihren Möglichkeiten und ihren Bedürfnissen und trotzdem das herrschende System in ihrem Kopf akzeptieren durch ihre Taten und es somit festigen und durchaus bestätigen ist eine sehr werkgetreue, wenn auch nicht leicht zugängliche Verfilmung: eigentlich sollte man gar nicht so sehr von Verfilmung sprechen, sondern eher von einem "visuellen Lesen", das Fassbinder mit dem Roman betreibt, denn er verzichtet nicht nur auf dramaturgische Zuspitzungen, sondern arbeitet auch mit einem Off-Erzähler, von dem man Sätze hört, die direkt aus dem Roman übernommen sind, mit Inserts und Weißblenden. An sich alles Dinge, die ich bei Romanverfilmungen nicht besonders schätze. Aber das erstaunliche daran - und daran zeigt sich eben auch die Größe Fassbinders - ist der Umstand, daß das funktioniert. Es funktioniert z.B. deshalb, weil oftmals die Sätze des Erzählers eben nicht einfach das Bild beschreiben, sondern zu diesem oft sogar in einem Spannungsverhältnis stehen. Es funktioniert aber auch, weil das Thema der einengenden gesellschaftlichen Konventionen großartig im Bild umgesetzt wird, die Figuren (nicht nur Effi, auch Instetten und die anderen Charaktere) wirken wie in einem Käfig Eingesperrte, und daher ist in diesem Film auch nur wenig Raum für Bewegungen der Kamera. So zeigt Fassbinder seine Protagonistin als Opfer der Verhältnisse, aber eben auch, daß ihr die Kraft fehlt, wirklich aus diesen auszubrechen (wobei sie darin freilich nicht die einzige ist). Es sei eingestanden: Fontane Effi Briest ist durch seinen Stil ein sperriger Film, der es dem Zuschauer nicht gerade einfach macht. Das sehe ich aber durchaus positiv, denn Effi Briest ist kein gefälliger Roman. Eine Verfilmung darf es daher auch nicht sein.




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