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The Cronicles of D.C.L. - Reloaded

Immer noch uninteressante Gedanken rund ums Thema Kino, häufig gestört durch geschwätzige Anekdoten und müde Kalauer




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The Artist...



‎...ist ein sehr schöner, berührender Stummfilm, der mich ein bisschen stolz machte, war ich es doch, der vor ein paar Haaren Jean Dujardin entdeckte, so schrub ich damals in ein inzwischen totes Kinoforum (schnief) nach Sichtung des großartigen und in allen Belangen dreitausendmal besser als das Buch seienden "39,90", dass Dujardin, der in diesem wie in dem heutigen Film tolltolltoll ist, es noch weit bringen werde. Überhaupt sind die Darsteller alle richtig fein, allen voran natürlich die bezaubernde Bejo, der wie immer ursympathische Goodman und James Cromwell, der eine faszinierende Mischung aus seinem Chauffeur aus "Eine Leiche zum Dessert" und Farmer Hogget spielt. Dies gesagt, muss ich anmerken, dass mir der Hype um diesen Film völlig schleierhaft ist. Eine nette, streckenweise zu Herzen gehende Geschichte, erzählt mit den Mitteln des klassischen Stummfilmes. Die im Direktvergleich mit den wirklichen Stummfilmklassikern - sowie "Singing in the Rain", dessen komplette "der Tonfilm kommt!"-Thematik (leider ohne wirkliche eigene Ideen*) hier fast 1:1 übernommen wird - nicht anstinken kann. Ganz ehrlich: angesichts der Tatsache, dass ich den Schluss von "Lichter der Großstadt" nur NACHERZÄHLEN brauche, um Pipi in die Augen zu bekommen, habe ich hier vielleicht zu sehr auf den großen Rausch gewartet, den dieses ausgestorbene Genre bei mir auslösen kann. Vielleicht hätte der Schluss diesen Rausch ausgelöst, hätte man nicht, ABSOLUTES NO-GO !!! (meine SHIFT-Taste klemmt von Zeit zu Zeit), genau in der dramatischen Konklusion die Filmmusik eines der absolut besten, großartigsten, fantastischsten Filme ALLER ZEITEN (da! schon wieder!), dem Jahrtausendeüberdauerndenbestenhitchcockeverderwenndochvielleichtnichtliebesfilmsodocheinerderbestenfilmeüberdieliebe "Vertigo" eingesetzt, so dass ich bei aller Liebe zu Dejardin plötzlich wieder mit James Stewart und Kim Novak zu der alten Mexikanerkapelle fahren wollte und dann enttäuscht feststellte, doch nur in einem netten Film zu sitzen. Das klingt elitär und erbsenzählerisch? Man stelle sich vor, jemand würde in einem heute gedrehten Actionfilm den Bösewicht mit Asthma auftreten lassen und ihn mit der "Darth Vader"-Musik unterlegen - und das vollkommen ernst meinen! Nein, ich bin nicht wirklich wütend. Wirklich ein richtig, richtig schöner Film. Aber halt bis auf die Darsteller und die Technik (allen voran die wirklich versierte Kamera, die den alten Stil sehr gut kopiert) nichts wirklich Preiswürdiges.

‎*die einzig richtig tolle Idee, die Traumsequenz, ist eine (sehr gelungene) Abwandlung dessen, was Charlie Chaplin bereits am Schluss von "Moderne Zeiten" betrieben hat.

D.C.L.




So ungefähr habe ich mir das schon gedacht. Ich hatte einfach Zweifel, ob dieser Film etwas zeigt dass darüber hinaus geht, was ich aus alten Stummfilmen kenne. Dein Text scheint ja zu bestätigen dass "The Artist" im Grunde genommen nicht viel mehr ist als ein gut gemachter und charmanter und schöner und anrührender Retro-Gag für das heutige Publikum. Und die Thematik des "Stumfilmstars in Zeiten des Tonfilms" kennt man ja schon hinlänglich aus Filmen wie SUNSET BOULEVARD.

"The Artist" will ich natürlich dennoch sehen. Also Danke für den Text, lan, der meine Erwartungshaltung gut zurechtrückt. Ich werde einfach nen charmanten Retro-Film erwarten und nichts Bahnbrechendes.
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Also mir hat der Roman 39,90 ja viel besser gefallen als die Verfilmung. 'Dreitausendmal', was ein Kontrast. :)
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@Bob: Ich fand den Roman mit seiner furchtbar redundanten "Ich bin so schlau und ihr so doof und die Welt ist schlecht und ihr wisst das nicht!"-Haltung unheimlich enervierend, während ich den Film die erste Hälfte über als sehr gelungene, grelle Satire, in der zweiten dann sogar plötzlich als echtes menschliches Drama zu schätzen wusste - beide Hälften getragen von einem großartigen Jean Dujardin.

D.C.L.
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Ist aber auch gut und gerne 8 Jahre her, dass ich das Buch gelesen habe. Das war zu meiner Zivi-Zeit und da hat das ganz gut gepasst. Den Film habe ich irgendwann vorletztes Jahr gesehen, war aber nicht übermäßig angetan. Grelle Satire trifft es aber wohl ganz gut. Ich persönlich greife da lieber zum dunkleren Fight Club. ;-)

Mit Dujardin interessieren mich vor allem die OSS-Filme. Hatte da auch schon mal reingesehen, aber keinen guten Tag gehabt. Aufgeschoben...(seit drei Jahren sagt mein FTB, d'oh!)
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Da kann ich mir einen eigenen Beitrag in meinem Filmtagebuch glatt sparen, weil Du so genau die Dinge geschrieben hast, die mir auch in den Sinn gekommen wären: ja, ein schöner Film, ausgezeichnet fotografiert und gut gespielt. Aber eben auch kein überragendes Werk (und den Vergleich mit "Singin' in the Rain" hätte ich garantiert auch gebracht). Genau wie Du fand ich auch die Traumsequenz am besten, den Einsatz der "Vertigo"-Musik dagegen eher daneben - ein paar Takte hätte man das ja machen können, aber doch nicht minutenlang.
Wütend bin ich übrigens auch nicht. Die etwas irre Idee, heutzutage einen Stummfilm zu drehen, findet schon mal meine Sympathie, das ist ungefähr so, wie in unserer Zeit ein Versepos zu schreiben, was ja auch kein Mensch machen würde (den Verfasser dieser Zeilen einmal ausgenommen...) Aber letztlich ist es eben doch, wie Ubaldo schreibt, ein "gut gemachter und charmanter und schöner und anrührender Retro-Gag". Immerhin, wenn der sich abzeichnende Erfolg des Films vielleicht das Interesse des einen oder anderen Zuschauers an den klassischen Stummfilmen erwecken würde, wäre das ja sehr schön, insofern hat dann vielleicht der Hype doch sein gutes.
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