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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen

Cjamangos neues Filmtagebuch




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Mark Spitz und der Fall der sieben Raben



Johnny Wadd (US-Video)

John Holmes ist Johnny Wadd, und Johnny Wadd ist John Holmes! Wer den Film BOOGIE NIGHTS gesehen hat, besitzt eine ungefähre Vorstellung davon, wie bedeutend Holmes´ Stellung innerhalb der Industrie gewesen war. Wer aber verläßlichere Informationen über den Mann sucht, dem lege ich eher die gute Dokumentation WADD: THE LIFE & TIMES OF JOHN C. HOLMES von Cass Paley ans Herz.

Holmes war noch relativ neu im Geschäft, als sich ihm der hawaiianische Regisseur Bob Chinn näherte und ihm die Rolle des Privatdetektivs Johnny Wadd anbot. Wie schlecht dieser erste Film auch immer gemacht war – er sollte Holmes´ Rollenimage fortan prägen und führte zu diversen Fortsetzungen. Faszinierend an diesen Werken – besonders die frühen übersteigen im Hinblick auf Budget und inszenatorische Raffinesse kaum den Rahmen des in „Loops“, also Kurzfilmpornos für die Schrabbelkinos, Üblichen – war die Verlagerung der genreüblichen Mythen: Geht es in Detektivfilmen meistens um die Überlegenheit des einsamen Wolfes, der mit der Knute seines Geistes (oder seiner rauchenden 45er!) Ordnung in das Universum bringt, so geht es in den Wadd-Filmen um eine sehr viel direktere Erprobung der Männlichkeit des Protagonisten. Johnny Wadd braucht keinen Revolver, denn Johnny Wadd legt flach, aber nicht um. Bei seinem ersten Auftritt muß er einen schwierigen Entführungsfall lösen. In einem herkömmlichen Kriminalfilm würde hier ein komplexes Geflecht von Ermittlungen einsetzen, aus dem der Held dann die Wahrheit herauspunzt. JOHNNY WADD nun pfeift aber auf jedes komplizierte Geflecht: Der Held packt seine Magnum aus und rammelt alle Komplexe in Grund und Boden! Auch so können Probleme gelöst werden...

Streng genommen funktionieren diese frühen Filme nicht viel anders als die sogenannten „loop carrier“, bei denen einfach diverse Kurzfilme zusammengepappt wurden. Zuerst erscheint eine zugekiffte junge Frau (Hippie Andy Bellamy) und heuert Wadd an. Wadd prollt etwas herum und serviert ihr aus dem Stand erste Ergebnisse, die aus einem dicken Schwall Chromosomalbreis bestehen. Danach erscheint eine andere Frau (Sandy Dempsey, nur echt mit Schmetterlingstattoo!), die ihm mehr Geld dafür bietet, die Entführte nicht zu suchen. Erneut beweist Wadd die Kraft der sieben Raben. Ermittelt hat er zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht. Egal. Dann tritt die Mutter der Entführten in Wadds Leben, eine mehr als nur leicht angegangene Imbißkellnerin mit blondierten Haaren und einem verheerenden Kleidungsgeschmack. Ihre raffinierte Fellatiotechnik – während der Spermahervorlockungszeremonie die ganze Zeit über mit monotoner Stimme völligen Blödsinn reden – vermag zu verblüffen. Wadd fürchtet sich vor gar nichts – das ist jetzt klar. Dann, Sensation: Der Mann steigt in seinen Wagen und fährt durch Hollywood. Wer läuft ihm nach 100 Metern über den Weg, wer wird von einem Mann mit einem spitzen Stock verfolgt? Das Entführungsopfer! Hier wird jegliche Logik des klassischen Detektivkinos komplett dekonstruiert, und das aus reinem Dilettantismus. Wadd/Holmes setzt dem Entührer hinterher und verprügelt ihm am Strand. Hätte ich den Film inszeniert, wäre auch der Entführer dem durchaus rätselhaften Charme des Meisterdetektivs verfallen und hätte ihn direkt vor Ort fellationiert. Dies hätte sich aber natürlich nicht mit dem Männlichkeitsbild des Zielpublikums vertragen, und so bleibt es bei der simplen Unterwerfungsgeste. Das Entführungsopfer beschert dem Helden dann eine kurze Rückblende, belohnt ihn für seine überlegene Ermittlungsarbeit und knuddelt ihn vor dem Sonnenuntergang. Ende. So einfach kann man Fälle lösen! Ist das nicht schön? Die Musik ist größtenteils von Ennio Morricone geklaut, dessen „Dollar“-Trilogie hier neu aufpoliert wird, für eine Handvoll Sperma, sozusagen. Johnny Wadd sollte bald wieder in Aktion treten, in dem aufsehenerregenden FLESH OF THE LOTUS. Demnächst in diesem Theater.




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